Karriereberatung

Von Malte Fischer und Birgit Weinmann.

Veröffentlicht im „Handbuch der Personalberatung“ , Realität und Mythos einer Profession.

Herausgeber :   Thomas Sattelberger.

Erschienen im Verlag C. H. Beck.

Vorbemerkung des Herausgebers:

Malte Fischer und Birgit Weinmann schließen mit diesem Beitrag nahtlos mit ihren Ausführungen zur ganzheitlichen Karriereberatung an:

In der Findungsphase einer Karriere, bei Karrierestillstand, bei Karriereexpansion, bei schwierigen Übergangsphasen bis hin zur Vorbereitung auf den Ruhestand.

Die persönliche Standortbestimmung, die Klärung persönlicher Zukunftsbilder, die Reflexion eigener Einschätzung mittels Fremdbildern und die Formulierung  erster robuster Schritte sind die die wichtigsten Phasen des Beratungsprozesses.

Dies kann sich bis auf die Unterstützung bei der Erstellung des Lebenslaufes, die Vorbereitung auf Interviews oder sogar auf individuelles Verhaltenstraining hin erstrecken. Karriereberatung heißt heute aber auch zunehmend Beratung zu dem Paradigmen-wechsel von Laufbahn mit Anstieg zu Laufbahn ohne Anstieg.

Diesen Beratungsansatz thematisieren die Verfasser außerordentlich behutsam.

Ganzheitliche Karriereberatung durch den Personalberater

Inhaltsverzeichnis:

  1. Die Formen der Karriereberatung
  2. Der Nutzen der Karriereberatung
  3. Die Inhalte der Karriereberatung
    • 3.1. Die Standortbestimmung mit dem Klienten
    • 3.2. Bisherige Tätigkeiten des Klienten
    • 3.3. Ziele des Klienten
    • 3.4. Aufzeigen des Selbsthilfepotentials und die nächsten Schritte
    • 3.5. Abgleich von Selbstbild und Fremdbild
    • 3.6. Unterstützung in der Bewerbungsphase
    • 3.7. Aufbereiten der Bewerbungsunterlagen
    • 3.8. Inhalte und Darstellung des Lebenslaufs
    • 3.9. Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche und Assessments+
    • 3.10. Verhaltenstraining
    • 3.11. Hinweise zur Vertragsgestaltung
  1. Alternative Karrierewege
  2. Implizite Karriereberatung
  3. Grenzen der Karriereberatung
  1. Die Formen der Karriereberatung

„Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ – dieses deutsche Sprichwort behielt bis weit in die 60er Jahre hinein seine Gültigkeit.

Karriere machte, wer qualifiziert und leistungsorientiert war, keine gravierenden Fehler beging und sich reibungslos in die Organisationen der Wirtschaft einfügen konnte.

Heute, mehr als vierzig Jahre später, genügt das eigentlich nicht mehr. Vor dem Hintergrund der immer noch wachsenden Komplexität in der Berufswelt und der daraus resultierenden Vielfalt der Anforderungen ist es oftmals unerlässlich, sich kompetenter Hilfe zu bedienen.

Dieser Tatsache tragen die Unternehmen ebenso wie Stellungssuchende, seien es Berufseinsteiger, Berufswechsler oder Aufsteiger, Rechnung.

Die Einschaltung eines versierten Personalberaters als Mittler zwischen Suchendem und Bietendem gewährleistet ihnen nicht nur, dass die Wünsche der künftigen Partner in weitgehende Übereinstimmung gebracht werden, sondern auch die Vermeidung unnötiger und teurer Fehler.

Neben der impliziten Karriereberatung, die den Kandidaten im Rahmen eines konkreten Suchauftrages unentgeltlich angeboten wird, hat die entgeltliche Karriereberatung in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Menschen kommen zum Personalberater, um sich über die Möglichkeiten der Gestaltung ihres weiteren Berufsweges zu informieren, um sich bei einem konkteren Veränderungswunsch Rat zu holen oder um die fachkundige Meinung eines mit dem Personalwesen vertrauten Consultants hinsichtlich ihres Qualifikationsprofils einzuholen.

Darüber hinaus können weitere Inhalte als Schwerpunkte der Karriereberatung festgehalten werden, so z.B. das Aufzeigen von Stärken und Schwächen des Klienten, die Unterstützung bei Karrierestagnation oder die Darstellung von Optionen bezüglich eines Neuanfangs, aber auch Klärung interindividueller Differenzen, z.B. bei Team- oder Führungskonflikten.

Die Karriereberatung beruht auf einem engen Vertrauensverhältnis zwischen dem Ratsuchendem und dem Berater, das – wenn es nicht aufgrund wechselseitiger Bekanntschaft bereits besteht – erst in mehreren sehr persönlichen Gesprächen gebildet werden kann.

Denn ohne Zweifel setzt der Klient große Erwartungen in den Personalberater.

Dies bezieht sich nicht alleine auf seine Diskretion, sondern mehr noch auf seine Menschen-, Unternehmens- und Branchenkenntnis sowie auf die Fähigkeit, alle drei Faktoren miteinander in Einklang bringen zu können, um dem Ratsuchenden neue berufliche Perspektiven zu eröffnen.

Wenngleich es an repräsentativen Untersuchungen mangelt, mit denen die Kosten-Nutzen-Relation zwischen Aufwendungen für Personalberatung im Verhältnis zu den dadurch eingesparten Kosten für Fehlschläge beschrieben wird, ist es doch offensichtlich, welche Vorteile sich aus der Karriereberatung für beide Seiten ergeben – für den um Beratung nachsuchenden Klienten wie für den künftigen Arbeitgeber.

Um beides geht es im nachfolgenden Kapitel.

  1. Der Nutzen der Karriereberatung

Der um Beratung nachsuchende Einzelklient (nur der besseren Lesbarkeit halber wird im Folgenden auf die Anfügung der weiblichen Sprachform verzichtet; selbstverständlich gelten alle Aussagen ebenso für Damen!) zieht einen persönlichen und einen ökonomischen Nutzen aus der Karriereberatung.

Zu den Menschen, die eine professionelle Hilfe durch eine Personalberatung anstreben, gehören neben den Berufseinsteigern und aufstiegswillige Berufstätige, die aus ihrer bisherigen Tätigkeit heraus den nächsten Karriereschritt planen, auch die gestandenen Persönlichkeiten, die ausvielfältigen Gründen einen Branchenwechsel anstreben.

In den vergangenen Jahren konnten wir eine deutlich gestiegene Zahl von Initiativbewerbungen verzeichnen.

Diese Kandidaten nehmen die Chance wahr, sich rechtzeitig auf eine für sie geeignete Tätigkeit hinsichtlich Anforderungsprofils, Einleitung vorbereitender Maßnahmen sowie Aufbau der Bewerbung vorzubereiten.

Anknüpfungspunkte für den Erstkontakt zwischen den oben genannten Klienten und einem Personalberater sind neben Initiativbewerbungen ebenso häufig persönliche Enttäuschungen, die aus wiederholten Fehlschlägen bei der Stellensuche resultieren.

Die Kandidaten stellen sich die Frage, was die Hintergründe der Absage sind und wie sie ihre Bewerbungschancen erhöhen können.

Die Altersstruktur der ratsuchenden Menschen liegt hauptsächlich in einem Rahmen zwischen 25 und 50 Jahren. Das ist zum einen damit zu begründen, dass die Gruppe der unter 25-jährigen noch in der ersten Berufsausbildung und ihrer persönlichen Findungsphase, mithin der frühen Karrierephase sind und dass die über 50-jährigen Klienten (späte Karrierephase) oftmals nicht damit vertraut sind, für sich selbst professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Dies ist umso bedauerlicher, als dass gerade die letzte Gruppe auf dem heutigen Arbeitsmarkt mit ungewohnt schwierigen Verhältnissen zu kämpfen hat.

Die häufigsten Motive zur Ratsuche bei einem Personalberater sind Karrierestillstand, Austritt aus dem Unternehmen und, bei den noch älteren Menschen, der bevorstehende Ruhestand.

Aus den Gesprächen mit dem erfahrenen Berater gewinnt der Klient ein Bild seiner Persönlichkeit, wie es nur von einem objektiven, neutralen Experten gespiegelt werden kann.

Er lernt, mit seinen Stärken und Schwächen umzugehen, und weiß, wo er in Zukunft noch an sich arbeiten muss.

In gemeinsamer Arbeit mit dem Personalberater hat er ein Qualifikationsprofil entwickelt, das ihm aufzeigt, wo seine Chancen für eine erfolgreiche Bewerbung liegen.

Professionell aufbereitete Bewerbungsunterlagen sind für ihn ein zusätzliches Muss. So gestärkt, hat er seine Aussichten auf eine erfolgreiche Stellensuche um ein Vielfaches erhöht.

In der Regel begleiten wir einen Klienten auf seinem Berufs- und Karriereweg zu seiner Zielposition.

Hieraus entwickelt sich nicht selten eine partnerschaftliche und von gegenseitigem Vertrauen getragene Zusammenarbeit.

  1. Die Inhalte der Karriereberatung

Eine professionelle Karriereberatung muss stets individuell auf den zu beratenden Menschen zugeschnitten werden, wenn die Bemühungen von Erfolg gekrönt sein sollen. Jeder Klient hat persönliche Stärken, die herausgearbeitet werden müssen, und Schwächen, deren Transformation angestrebt werden sollte.

Dies kann verständlicherweise nicht mit einem Standardprogramm durchgeführt werden; es haben sich aber die von unserer Personalberatung verwendeten und nachfolgend beschriebenen Bausteine als sinnvolles Grundgerüst erwiesen.

Es dürfte nachvollziehbar und entschuldbar sein, dass alle individuellen Facetten einer Karriereberatung an dieser Stelle nicht umfassend dargestellt werden können.

Jedes Karrieregespräch kreist ausschließlich um die beruflichen Wünsche und Bedürfnisse eines Menschen – und kein Personalberater dürfte sich anheischig machen, Schubladenkonzepte und Schablonen für seine Beratungen parat zu haben.

3.1 Die Standortbestimmung mit dem Klienten

Bevor mit einem Klienten das Gespräch hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen aufgenommen wird, bitten wir ihn, eine schriftliche Bestimmung seines gegenwärtigen Standortes durchzuführen.

Er soll möglichst konkret darstellen, wie er sich selbst sieht (Selbstbild), worin er seine persönlichen Stärken und Schwächen vermutet, was er als Erfolg und Misserfolg definiert und wie er entsprechende Erlebnisse und Erfahrungen in der Vergangenheit empfunden hat.

Außerdem fragen wir ihn nach seinem vermuteten Fremdbild („Wie, glauben Sie, werden Sie von anderen Menschen gesehen?“), d.h. er wird gebeten, über seine Wirkung auf andere Personen zu reflektieren.

In diesem Zusammenhang ist auch die zugrundeliegende Karrieremotivation zu prüfen, wobei davon ausgegangen werden kann, dass die um Rat suchenden Klienten eher zur Gruppe der „traditionell karriereorientierten“ gehören. Sie möchten Verantwortung tragen, gut verdienen und sind bereit, dafür auf Freizeit zu verzichten. Um individuell beraten zu können, sollte deshalb die Antriebsmotivation ermittelt werden.

Das Ziel der schriftlichen Ausarbeitung ist es, den zu beratenden Menschen zu einer realistischen Selbsteinschätzung seiner Person anzuregen. Naturgemäß neigen viele Menschen zu einer übertrieben optimistischen Einschätzung ihrer Person.

Umgekehrt unterschätzen ebenso viele ihre Stärken. Beides ist jedoch für eine gezielte und erfolgversprechende Bewerbung unbedingt erforderlich.

3.2 Bisherige Tätigkeiten des Klienten

Neben der schriftlichen Standortbestimmung bitten wir den um ein Karrieregespräch suchenden Menschen um eine Darstellung seines bisherigen Werdegangs unter besonderer Berücksichtigung seiner aktuellen Tätigkeit.

Hier sind die Beschreibung der jeweiligen Aufgaben sowie die Ausprägung der damit verbundenen Kompetenzen und der erzielten Erfolge von großer Bedeutung.

Ganz besondere Aufmerksamkeit für die späteren Karriereschritte verdient eine Auflistung dessen, was ihn an den jeweiligen Aufgaben besonders gereizt hat, wo seine oder die inhaltlichen Schwerpunkte der Aufgabe lagen und was ihm an den Tätigkeiten nicht gefallen hat.

Mit diesem Schritt können mögliche Stolpersteine für eine zufriedenstellende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Mitarbeiter frühzeitig herausgefiltert und ihm beiderseitigen Interesse vermieden werden.

3.3. Ziele des Klienten

Mit der anschließenden Bitte, seine beruflichen und persönlichen Ziele für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu definieren, wird der Klient dazu ange-halten, sich mit seinen individuellen Möglichkeiten und Wünschen auseinanderzusetzen.

Gleichzeitig wird ihm damit die Gelegenheit geboten, sich selbst, seinen bisherigen Lebensweg sowie seine gegenwärtigen Bedürfnisse kritisch zu hinterfragen.

Die kritische Selbstreflexion soll ihn ebenso vor überzeichneten Ansprüchen und Hoffnungen wie vor Resignation und aus früheren Enttäuschungen rührenden Unterlassungen zur Verbesserung seiner beruflichen Situation bewahren.

Darüber hinaus eröffnet sich hier dem Personalberater ein „Fenster zur Persönlichkeit“ sowie – eine bedeutsame Implikation! – der erste gedankliche Ansatz, um direkt zu erkennen, in welche Richtung die Maßnahmen zur Erreichung seiner Karriereziele unternommen werden können oder müssen.

Mit den oben genannten schriftlichen Ausarbeitungen, die vor dem Gespräch mit dem Personalberater vorliegen müssen, öffnen sich den

Menschen bereits einige neue Perspektiven hinsichtlich ihrer persönlichen Lebens- und Karriereplanung. Diese Aussichten können anschließend mit professioneller Hilfe in Ziele und konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele umgesetzt werden. Und noch einen weiteren positiven Effekt hat diese persönliche Bilanz:

Sie kann den Ratsuchenden vor schweren Niederlagen im Wettbewerb und einem unbefriedigenden Berufsleben aufgrund falscher Einschätzungen seiner Person bewahren.

3.4 Aufzeigen des Selbsthilfepotentials und die nächsten Schritte

Anhand der schriftlichen Darstellung zu seiner Person und seinen Zielen können wir feststellen, wo der konkrete Beratungsbedarf vorhanden ist und mit welchen Mitteln der angestrebte Erfolg erreicht werden kann. Insbesondere die eigenen Möglichkeiten zur Erreichung der beruflichen Ziele (das Selbsthilfepotential) werden mit diesen Darstellungen deutlich.

Im persönlichen Gespräch, zu dem der Klient nun eingeladen wird, verdeutlicht der Berater die Notwendigkeit des eigenen Tuns und regt zur Aktivierung des Selbsthilfepotentials an.

Der wesentliche Inhalt dieses ersten Gespräches ist es, mit ihm gemeinsam seine schriftlichen Darstellungen zu erörtern. Die erstellte Biographie, die bisherigen Tätigkeiten und Arbeitsinhalte, die Erfolge und Misserfolge sowie die Nah- und Fernziele werden diskutiert und konkretisiert. Ebenso werden seine Vorstellungen hinsichtlich der künftig von ihm angestrebten Aufgaben kritisch hinterfragt.

Im Anschluss daran wird ein auf wissenschaftlichen fundierter Persönlichkeitstest durchgeführt.

Wir diskutieren und interpretieren die Testergebnisse und bieten unserem Klienten damit weitere Klarheit über seine künftigen Chancen und Möglichkeiten, denn mit dem Test werden vor allem die Stärken und Schwächen noch deutlicher herausgearbeitet. Das Resultat lässt sich als eine Profilkurve darstellen und ist leicht nachzuvollziehen.

Mit diesem umfassenden Datenpool zu seiner Person kann nun die eigentliche Arbeit – die Unterstützung des Klienten bei der Erreichung seiner Karriereziele – in Angriff genommen werden.

Er und der Berater stellen gemeinsam Überlegungen an, welche nächsten Schritte angemessen scheinen. So wird zum Beispiel die Frage erörtert, ob der Klient in seinem bisherigen Wirtschaftszweig bleiben sollte oder ein Branchenwechsel für seine künftige Karriere von Vorteil sein kann.

Ebenso muss besprochen werden, ob eher das Anstreben einer Stabs- oder einer Linienfunktion in Betracht kommen könnte und ob vielleicht ein mittelständisches Unternehmen seinem persönlichen Profil am ehesten gerecht werden kann.

3.5 Abgleich von Selbst- und Fremdbild

Die vom Klienten gelieferten Aussagen zur Selbsteinschätzung werden mit weiteren Datenquellen in Beziehung gesetzt. Diese sind zum Beispiel die Beurteilung des Selbstbildes durch den Berater, die Ergebnisse der Beobachtung des Klienten im Gespräch sowie das Resultat des Persönlichkeitstests.

Der Ratsuchende erhält eine deutlichere Vorstellung davon, inwieweit die Einschätzung seiner Person mit dem Bild übereinstimmt, das andere von ihm haben. Die Konfrontation mit dem Fremdbild ermöglicht ein realistischeres Selbstbild und kann zur Weiterentwicklung bestimmter Wesensmerkmale anregen.

3.6  Unterstützung in der Bewerbungsphase

Einen weiteren Baustein des Karrieregesprächs stellen unsere Unterstützungsmöglichkeiten in der Bewerbungsphase dar. Hier wird mit dem Klienten erörtert, wie eine gute Bewerbung aufgebaut wird, welcher Weg zur Stellensuche für seine Bedürfnisse der geeignete ist, ob die Schaltung eines Stellengesuches sinnvoll ist, wie dies gestaltet und formuliert sein sollte und in welchen Publikationen er unter Umständen ein Stellengesuch platzieren sollte.

Darüber hinaus beraten wir hinsichtlich bestimmter Unternehmen oder eine bevorzugten Branche.

Falls sich das Beratungsziel des Gesprächspartners auf eine konkrete Stellenausschreibung bezieht, so besprechen wir mit ihm den vermuteten Inhalt der ausgeschriebenen Position.

Der Berater klärt ebenfalls auf, mit welchen Erwartungen diese Position offensichtlich verknüpft ist:

  • Welche persönlichen und fachlichen Anforderungen werden, über den Text der Annonce erkennbar, an seine Person gestellt?
  • Sind Mobilität und Reisbereitschaft erforderlich?
  • Inwieweit werden sein privates Umfeld, die Familie und die Freizeit, davon berührt?
  • In welchem Maße ist die ausgeschriebene Position zielführend bezüglich seiner privaten und beruflichen Präferenzen?

Der Wert dieser Interpretationshilfe ergibt sich vor dem Hintergrund einer traurigen Tatsache:

  • Viele Menschen, Berufsanfänger wie Berufserfahrene, bewerben sich für Tätigkeiten, deren Inhalte und Anforderungen ihnen in letzter Konsequenz nicht klar sind.

Wenn sie die Tätigkeit angetreten haben, treten sehr schnell Unzufriedenheit auf, und zwar sowohl beim Arbeitgeber als auch beim Arbeitnehmer.

Für den Arbeitgeber kann dies bei vorzeitiger Kündigung des Mitarbeiters mit hohen Kosten (für die erneute Suche nach einem qualifizierten Mitarbeiter, Bewerberscreening, Gespräche, usw.) sowie Imageverlusten verbunden sein.

Für den Mitarbeiter kann diese zu spät erkannte Fehlentscheidung, neben psychischen Belastungen und den Auswirkungen auf die Familie, einen harten Karriereknick bedeuten, der nur schwer wieder auszugleichen ist.

3.7  Aufbereitung der Bewerbungsunterlagen

Der erste Kontakt zwischen dem eine Position anbietenden Unternehmen und einem Interessenten ist und bleibt in der Regel die schriftliche Bewerbung.

Dazu gehört, neben einem Aufmerksamkeit weckenden Anschreiben, eine lückenlose Darstellung des bisherigen Lebenslaufes und des beruflichen Werdeganges.

Obgleich unterstellt werden darf, dass kein Kandidat für eine ausgeschriebene Position absichtlich Fehler bei der Bewerbung macht, ist immer wieder zu bemerken, dass sowohl die Arten der inhaltlichen wie auch der Formfehler bei einer schriftlichen Bewerbung genauso häufig und verschieden sind, wie die Bewerber selbst unterschiedlich sind.

Oftmals fällt ein Bewerber schon bei der oberflächlichen Sichtung der Anschreiben „durch das Raster“, weil das Anschreiben zu lang ist oder so kurz, dass es nur aus dem Satz besteht „Hiermit bewerbe ich mich …“.

Es gilt also den Klienten dahingehend zu beraten, dass sein Anschreiben die nachfolgenden Kriterien erfüllt:

  • Das Anschreiben soll klar zum Ausdruck bringen, für welche Position die Bewerbung eingereicht wird.
  • Es soll prägnant darstellen, warum sich der Bewerber für diese Position für geeignet hält und was ihn an dieser Aufgabe besonders reizt.
  • Vor allem aber darf das Anschreiben nicht wie aus einem Lehrbuch für Bewerbungsschreiben entnommen wirken, sondern soll die Diktion des Bewerbers wiedergeben. Die Nachahmung fällt spätestens im persönlichen Gespräch auf
  • Als Richtschnur für die Länge eines Anschreibens gilt eine dreiviertel bis maximal eine Seite.

3.8 Inhalte und Darstellung des Lebenslaufs

Auch die Gestaltung des Lebenslaufes (Curriculum vitale) ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Bewerbung. Der Lebenslauf soll alle Stationen der Schul- und Berufsausbildung sowie des beruflichen Weges enthalten.

Weiterhin findet der Geburtstag, der Geburtsort und der Familienstand Eingang in den Lebenslauf.

Wichtig ist daneben eine Aufzählung der wichtigsten zusätzlich erworbenen Qualifikationen. Nicht selten wird bis hin zum Freischwimmerzeugnis alles notiert, was der Bewerber jemals unternommen hat und seiner Meinung nach auch nur annähernd wie eine Qualifikation aussieht.

Dass ein jeder Mensch ein Hobby hat, ist selbstverständlich und gehört, außer bei Schulabgängern in der Bewerbung um eine Lehrstelle, heute nicht mehr in den Lebenslauf. Wenn es wirklich von Interesse ist, wird im Vorstellungsgespräch danach gefragt.

Die tabellarische Aufzählung soll vollzählig, dennoch aber übersichtlich sein, was gerade die Führungspersönlichkeiten, die sich schon in verschiedenen Positionen bewähren konnten, nicht einfach ist.

Bei ihnen gehören in die Aufzählung der jeweiligen beruflichen Stationen Angaben über die Mitarbeiter- und Ergebnisverantwortung sowie die erzielten Erfolge für das Unternehmen (Umsatz- und Gewinnanstieg, geographische Expansion, Mergers & Acquisitions etc.).

Anders als bei Berufsanfängern ist hier die Erwähnung der Mitgliedschaft in Branchen- und Dachorganisationen sowie frühere und gegenwärtige Beirats- und Aufsichtsmandate empfehlenswert.

3.9  Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche und Assessments

Hat der Bewerber die erste Hürde überstanden und war seine Bewerbung für das suchende Unternehmen oder die beauftragte Personalberatung so interessant, dass er in die engere Auswahl aufgenommen wurde, folgt eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch. Nicht wenige Unternehmen laden Berufsanfänger darüber hinaus zu Gruppen-Assessments ein, erfahrene Fach- und Führungskräfte werden oftmals in Einzel-Assessments geprüft.

International tätige Unternehmen dehnen dieses personalwirtschaftliche Instrument zuweilen selbst auf Spitzenkräfte im fortgeschrittenen Alter mit nachgewiesenen Erfolgen aus.

In den meisten Fällen will man sich hier ein Urteil über die interkulturellen und teambildenden Fähigkeiten des Kandidaten machen.

Sowohl Einzel- wie Gruppen-Assessments können den Klienten durchaus persönliche Schwierigkeiten bereiten. Bei sehr introvertierten Menschen reichen diese bis hin zu Selbstdarstellungsscheu und Stresssymptomen.

Selbst gestandene Manager werden zuweilen nervös, wenn sie sich in der Testsituation fühlen, zumal sie es in der Regel gewohnt sind, an der anderen Seite des Tisches zu sitzen.

Wir unterstützen hier unsere Klienten, in dem wir mit ihnen gemeinsam die Ursachen für ihre Nervosität herauszufinden suchen. Auch gezielte Trainings zum Stressmanagement können eingesetzt werden. Generell wird erarbeitet, wie Vorstellungsgespräche und Assessments ablaufen, welchen Zweck sie verfolgen und mit welchen Chancen sie verbunden sind.

Auch häufig gestellte Fragen werden mit dem Klienten erörtert, damit dieser im Gespräch mit dem Unternehmen eine konkrete Darstellung seiner Person abgeben kann.

Dazu gehören sowohl Fragen zur Persönlichkeit des Bewerbers wie auch nach dessen Stärken und Schwächen, seinem Selbst- und Fremdbild sowie Fragen hinsichtlich der Darstellung seiner bisherigen beruflichen Inhalte, Erfolge und Misserfolge.

Unsere Unterstützung soll es dem potentiellen Kandidaten ermöglichen, sich selbst positiv, aber auch realistisch darzustellen und ihm Sicherheit geben, das Gespräch konstruktiv mitzugestalten.

Die große Bedeutung dieses praxisorientierten Trainings für die Ratsuchenden wird uns immer wieder vor Augen geführt.

Viele berufserfahrene Menschen sind zwar in der Lage, überzeugende Einschätzungen zu betrieblichen Sachverhalten abzugeben, engagiert Fachdiskussionen zu führen und begeistert die Produktpalette ihres Unternehmens zu beschreiben.

Sich selbst aber positiv darzustellen und die Gesprächspartner von ihrem eigenen Können zu überzeugen, fällt ihnen mitunter schwer.

Daher halten wir es aus unserer Sicht und in unserer Funktion als Personalberater für besonders wichtig, den Klienten auf diesem Weg zu begleiten und ihm sowohl mit professioneller Beratung als auch mit einem geeigneten Instrumentarium zur Seite zu stehen. 

3.10 Verhaltenstraining

Jedes Verhaltenstraining wird individuell konzipiert. Es richtet sich nach der Persönlichkeit, dem bisherigen Erfahrungshorizont sowie den Zielen, die der Klient anstrebt.

Die oben genannten Bausteine sind eine wichtige Grundlage für die Bedarfsermittlung und die Klärung der erforderlichen Lerninhalte.

Für Berufseinsteiger bedeutet Verhaltenstraining den ersten Schritt in eine ihm unbekannte und neue Welt, deren Normen und Spielregeln er erlernen will.

Ähnlich verhält es sich bei einem Branchen- oder Berufswechsler. Er bringt zwar Erfahrungen aus seiner bisherigen Berufswelt mit, muss sich aber, insbesondere bei dem Schritt in eine andere Branche, mit neuen Verfahren, Kulturen und Usancen auseinandersetzen.

Wieder anders, in der Regel weit problematischer, ist die Situation bei versierten Managern mit langjährigen Erfahrungen und nachgewiesenen Erfolgen.

Hier muss der Personalberater in der Regel viel Überzeugungskraft aufwenden, um den Sinn eines Verhaltenstrainings zu verdeutlichen.

Der Personalberater weiß aus beruflicher Erfahrung und ständiger Weiterbildung, dass das Verhaltenstraining mit dem Klienten eine äußerst sensible Aufgabe ist, die von ihm sehr viel Einfühlungsvermögen erfordert. Die Schwerpunkte eines individuellen Verhaltenstrainings lassen sich so skizzieren:

Der Berufseinsteiger ist im Allgemeinen sehr lern- und wissbegierig. Er möchte möglichst schnell alles richtig machen und neigt daher oft zu übertriebenen Verhalten. Probleme sind hier oft vorprogrammiert.

Das Verhaltenstraining mit einem Berufseinsteiger beinhaltet daher folgende Schwerpunkte: Teamarbeit, Umgang mit Vorgesetzen und Kollegen, Konzentration auf seine ihm gestellte Aufgaben, Kommunikation und Konfliktlösung.

Für den Branchenwechsler können die Schwerpunkte des Verhaltens-trainings darin liegen, dass er die neuen Spielregeln erlernt, das in seiner bisherigen Branche übliche Verhalten auf Unterschiede und Überein-stimmungen abklopft und für sich daraus neue Verhaltensmuster ableitet.

Langjährig erfahrene und gestandene Führungskräfte stellen die Höchsten Anforderungen an den Trainer, da sie als Manager über Führungserfahrung verfügen und es gewohnt sind, anderen Anweisungen zu geben. Sich als Manager nun wieder auf die Schulbank zu begeben, fällt den meisten von ihnen nicht leicht.

Erschwerend kommt hinzu, dass häufig das Feedback aus dem Kollegen- oder Mitarbeiterkreis fehlt.

Deshalb neigen sie nicht selten zu einer falschen Einschätzung hinsichtlich ihrer Persönlichkeit, ihres Führungstiles oder auch ihrer Teamfähigkeit. Sie sehen sich als erfolgsgewohnte „Macher“, die mit dem Hinweis auf ihre bisherige Karriere nicht unbedingt für ihre Persönlichkeit einen Lernbedarf erkennen können oder wollen.

Das gilt insbesondere im Bereich der Outplacement-Beratung, die wir allerdings nicht durchführen.

Wir bieten in diesem Fall das „Exit-Interview“ an. Ein Unternehmen, das sich – aus welchen Gründen auch immer – von einem Manager trennt, hinterlässt bei dem Betroffenen ein negatives Gefühl. Aus seiner Sicht hat er keine Schuld daran, dass das Unternehmen verlassen werden musste.

Dies mag in vielen Fällen richtig sein, kann aber auch den Fakten widersprechen. Die Gründe für die Freisetzung sind an dieser Stelle völlig unerheblich.

In jedem Fall muss vom Personalberater mit viel Takt- und Fingerspitzengefühl dem Klienten verdeutlicht werden, warum bestimmte Inhalte eines Verhaltenstrainings auch für ihn erforderlich sein können.

3.11 Hinweise zur Vertragsgestaltung

So vielfältig wie die von den Unternehmen angebotenen Aufgaben sind auch die Varianten der Vergütung und der Gestaltung der sonstigen Vertragsbestandteile. Die Frage ist, worauf sich die Vertragspartner einvernehmlich einigen können.

Schon oft haben sich Stellungssuchende eine attraktive Tätigkeit entgehen lassen, weil ihre Forderungen an das Unternehmen, in Unkenntnis der Branchenüblichkeiten, völlig überzogen waren.

Ebenso oft fühlten sich Mitarbeiter nach einiger Zeit im Unternehmen bei der Vertragsgestaltung „über den Tisch gezogen“, weil sie im Laufe ihrer Tätigkeit das Gefühl bekamen, nicht angemessen honoriert zu werden

Beides sind alltägliche Fälle. Personalberatungen wissen über branchenübliche Vergütungen ebenso Bescheid wie über die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmen gewähren kann (oder sollte), um qualifizierte Mitarbeiter für lange Zeit zu halten.

Für die Klienten der Karriereberatung ist schon bei der Planung der nächsten Schritte die Höhe des vorgesehenen Einkommens wichtig zu wissen.

Daneben gilt es zu überlegen, wie sich die Vergütung zusammensetzen soll und welche weiteren Bestandteile das Einkommen haben kann, soll oder muss. Auch über die Frage der möglichen nicht monetären Einkommensbestandteile (Fringe Benefits) müssen die Beteiligten rechtzeitig nachdenken.

Unternehmen tun dies in der Regel, der Stellungssuchende sollte dies aber auch schon frühzeitig in seine Überlegungen einbeziehen.

Der Personalberater kann seinen Klienten auch hierzu aktuelles Fachwissen anbieten.

  1. Alternative Karrierewege

 Der Personalberater wird nicht nur in Anspruch genommen, um einen Menschen auf dem Weg „nach oben“, in die Top-Etagen der Wirtschaft, behilflich zu sein.

Der Umbau vieler Unternehmen zu schlanken Organisationen, der Wegfall von Hierarchien, die neue Dominanz der betrieblichen Abläufe und das vielfach angestrebte Prozess-Reengineering haben in personalwirtschaftlicher Hinsicht zu einem neuen Paradigma geführt:

Die traditionelle Aufwärtsorientierung der Menschen stößt schneller als früher an Barrieren. Die „moderne“ Karriere erweist sich immer öfter als eine Laufbahn ohne Aufstiegschance.

Um trotzdem die menschlichen Bedürfnisse nach Anerkennung, Einbettung in feste Strukturen und Arbeitszufriedenheit erfüllen zu können, ist es sinnvoll, das landläufige Verständnis von „Karriere“ zu hinterfragen, um darüber zu einem neuen, breiteren Karrierebegriff zu gelangen. Zickzack-, Mosaik- und Puzzle-Karrieren werden in Zukunft die klassische Aufstiegskarriere ablösen.

Die neuen Formen sind durch rasche vertikale, aber auch horizontale Sprünge gekennzeichnet sowie durch häufigere Branchenwechsel. Die auf breiter Basis zu beobachtende Prozessausrichtung der Unternehmen löst die starre Trennung zwischen der Fachlaufbahn auf der einen Seite und der Führungslaufbahn auf der anderen Seite auf.

In interfunktional und/oder international zusammengesetzten Projekt-teams wird die Leistungsfunktion nur auf Zeit an ein Organisationsmitglied vergeben; im nächsten oder übernächsten Projekt wird dieser als „einfaches“ Teammitglied arbeiten, um einige Zeit später wieder mit einer Führungsaufgabe betraut zu werden.

Karriere bedeutet heute die ständige Weiterentwicklung des eigenen Know-hows, dies sowohl fachlich als auch von Seiten der Persönlichkeit.

Diese Entwicklung verunsichert viele Menschen, zerstört es doch eine der wichtigsten Antriebskräfte und Erfolgsfaktoren: den Wunsch, unter anderen Menschen hervorzuragen, Primus (wenngleich auch inter pares) zu sein.

Kader-Substitute – „Schattenhierachien“, technisches Equipment ab einer gewissen Stufe oder die Zugehörigkeit zu einem exklusiven Zirkel im Unternehmen – täuschen nur kurzzeitig darüber hinweg, dass die Ära der Epauletten und Rangabzeichen endgültig und für alle Zeiten vorüber zu sein scheint.

Nicht wenige von dieser Erkenntnis frustrierte Führungskräfte suchen die Karriereberatung deshalb auf, um sich vom Personalberater Hinweise geben zu lassen, wie sie auf anderen, neuen und unkonventionellen Wegen ihre Ziele erreichen können.

Der Berater macht auf die Möglichkeit von Quereinstiegen, horizontalen Veränderungen und Sprüngen (zum Beispiel von der Führungs- in eine Fachlaufbahn und vice versa) aufmerksam. Alternativkarrieren sind auch in der Existenzgründung der Selbstständigkeit denkbar.

Der Personalexperte sollte anhand des Werdeganges des Klienten herausfinden, welche Tätigkeiten seinem Wunsch nach der beruflichen Selbstverwirklichung am ehesten entsprechen und ihm geeignete Möglichkeiten aufzeigen, ggf. sogar die dafür erforderlichen Kontakte herstellen.

Nur selten hat sich ein Personalberater allein auf eine Branche spezialisiert, sodass er in aller Regel über breiteste Kenntnisse innerhalb der unterschiedlichen Wirtschaftszweige verfügt.

  1. Implizite Karriereberatung

Neben der allgemein bekannten Form der Karriereberatung, in der ein Klient ein kostenpflichtiges Coachinggespräch beim Personalberater in Anspruch nimmt, existiert die etwas weniger bekannte, jedoch in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Form der Karriereberatung, die implizite Beratung.

Sie kann durch einen Bewerber kostenfrei in Anspruch genommen werden, wenn er sich in einer Personalberatung um eine Position bewirbt. Die einzelnen Anlässe für eine solche Beratung, die Inhalte sowie der Nutzen für den Bewerber sollen im folgenden Abschnitt kurz beleuchtet werden.

Die wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen einer impliziten Karriereberatung für den Stellenbewerber ergibt sich aus dem Selbstverständnis des Personalberaters.

Sieht er nicht nur den Auftraggeber, d.h. das Unternehmen, das die Position besetzten möchte, als Kunden, sondern auch den Bewerber, dann wird er im Sinne der Kundenorientierung auch diesen entsprechend beraten.

Dahinter steht der Gedanke, dem Kontakt zu jedem Interessenten für die zu besetzende Position als Chance zum Aufbau einer längerfristigen Vertrauensbeziehung zu begreifen.

Die hier dargestellte Form der Karriereberatung unterscheidet sich hinsichtlich ihres Inhaltes dadurch, an welchem Schritt des gesamten Personalberatungsverfahrens sie zum Tragen kommt.

Beginnen wir zunächst beim telefonischen Erstkontakt mit einem potentiellen Kandidaten.

Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, auf welche Art und Weise der Kontakt zustande kommt, sei es über eine Zeitungsanzeige oder durch Executive Search. Man bespricht die Anforderungen der Position und erörtert, inwieweit diese erfüllt werden können.

Entspricht die Position dem Erfahrungshintergrund des Gesprächspartners?

Kann man sich näher über die Chancen und Perspektiven austauschen? Würde ein Wechsel einen Karriereschritt bedeuten?

Handelt es sich um eine interessantere Branche?

Wie sind die weiteren Aufstiegschancen und wie gestaltet sich die gehaltliche Entwicklung?

Dem gegenüber steht der Fall, dass der Interessent das Anforderungsprofil nicht im erwünschten Maß erfüllt.

Auch hier ist die Beratungsleistung des beidseitig kundenorientierten Personalberaters gefordert, dies in dem Sinne, dass er deutlich die Grenzen aufzeigt.

Man kann damit frühzeitig Frustrationen entgegenwirken, die bei einer späteren Absage auftreten würden. Der Berater wird im Dialog das Anliegen der Person eruieren.

Dadurch ist er in der Lage, Hinweise für die weitere berufliche Orientierung zu geben, auch wenn die momentan aktuelle Position nicht passt.

Aufgrund des Lebensalters, der Branche oder auch des Gehalts kann er auf die Notwendigkeit einer beruflichen Veränderung hinweisen, zum Nachdenken anregen sowie alternative Möglichkeiten aufzeigen.

Der verantwortungsvolle Berater wird fallweise sogar von einer Veränderung abraten müssen.

Dafür gibt es vielerlei Gründe, dies kann, z.B. im Hinblick auf einen kontinuierlichen Lebenslauf notwendig werden.

Eine weitere Möglichkeit der impliziten Beratung liegt in der Situation des Vorstellungsgespräches.

Hier lernt man den Bewerber anhand seiner Unterlagen sowie des persönlichen Eindrucks kennen und stellt ihm explizit das Unternehmen, in welchem die Position besetzt werden soll, vor.

Die Karriereberatung in dieser Phase kann z.B. durch Hinweise bezüglich der Bewerbungsunterlagen erfolgen (siehe Abschnitt 3.7).

Im Verlauf des Gespräches wird der Kandidat dann dahingehend beraten, ob die Position bzw. das Unternehmen insgesamt wirklich zu ihm passen, ob die Übernahme einer neuen Aufgabenstellung für ihn eine Weiterentwicklung bedeutet.

Bei negativem Ergebnis kann man ihn dennoch zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit seinem beruflichen Werdegang anregen.

Wie sollte er seine weitere Laufbahn planen und was kann er für seine fachliche und persönliche Weiterentwicklung tun?

Außerdem besteht die Möglichkeit, falls der Bewerber dafür Offenheit signalisiert, direkt nach dem Gespräch ein persönliches Feedback über seine Selbstpräsentation abzugeben.

Er erhält wertvolle Hinweise, die er in zukünftigen Vorstellungsgesprächen umsetzen kann.

Eine weitere Beratungsleistung ist darin zu sehen, dass der Bewerber im Vorstellungsgespräch in der Personalberatung exklusive Informationen über das Unternehmen erhält, Informationen, die er zum Teil nicht bekommen würde, oder die er sich über zeitaufwendige Recherchen erarbeiten müsste.

Er ist dadurch in der Lage, im Unternehmen auf einem relativ hohen Informationsniveau in die Diskussion einzusteigen. Der Personalberater wird selbstverständlich nur geeignete Bewerber im Unternehmen präsentieren.

Dies ist ein weiteres wichtiges Element der impliziten Karriereberatung, auch für den Kandidaten!

Er läuft nicht in Gefahr, im Unternehmen sein Gesicht zu verlieren oder in ungünstigem Licht zu erscheinen, wenn er völlig andere Vorstellungen von der zu besetzenden Position hatte oder sein Profil nicht passt.

Das Bewerbungsverfahren über das Consultingbüro klärt alle diese Punkte im Vorfeld, und ein eventuell späterer Kontakt des Bewerbers zum „Wunschunternehmen“ im Rahmen seiner Karriereplanung ist ohne vorangegangene Irritationen möglich.

Kommen wir zum Vorstellungsgespräch im Unternehmen.

Hier ist der Personalberater in erste Linie als Moderator tätig und hat dadurch die Möglichkeit, das Gespräch von einer anderen Warte aus zu verfolgen.

Als Beobachter kann er dabei auch Prozesse, die sich auf der Beziehungsebene bewegen, analysieren.

  • Welche Reaktionen ruft der Stellenbewerber bei seinen Gesprächspartnern hervor?
  • Kann er eine Beziehung zu ihnen aufbauen?
  • Ist er in der Lage, Sympathie zu erzeugen?
  • Wie geht er auf Fragen, Einwürfe und nonverbale Signale ein und wie bringt er auch rhetorische Mittel zum Einsatz?

Diese Beobachtungen eignen sich hervorragend, um ihm im Nachhinein eins sehr differenziertes Feedback geben zu können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Bewerber durch die Gespräche mit einem Personalberater gerade auch im Hinblick auf die Karriereplanung in hohem Maße profitieren.

Als Experte, der sowohl die Branche und den Bewerbermarkt sehr gut kennt, kann der Berater wertvolle Hinweise für die Gestaltung der Karriere und der weiteren beruflichen Ausrichtung geben.

Diese Chance sollte jeder Bewerber nutzen.

Noch einmal soll jedoch betont werden, dass dabei ein gewisses Maß an Offenheit und Fähigkeit zur Selbstreflexion notwendig ist, um dies zu erkennen und aktiv einfordern zu können.

  1. Grenzen der Karriereberatung

Entgegen der Hoffnung mancher Klienten kann der Personalberater bei allem Fachwissen, seiner umfangreichen Branchen-, Unternehmens- und Menschenkenntnis eines dennoch nicht:

Der Berater kann nicht zaubern !!!

Er kann ebenso wenig aus verschlossenen, introvertierten Einzelkämpfern dynamisch-strahlende Verkaufsleiter machen – wie frischgebackenen Doktoren der Betriebswirtschaft zu einer Position als Konzernlenker verhelfen.

Hier müssen nicht selten zuerst die geistigen Luftschlösser zerstört werden, bevor an eine konstruktive und zielführende Beratung gegangen werden kann, aus der der Klient letztlich doch einen Gewinn zieht.

Die Beratung durch einen objektiven und erfahrenen Experten, der neben konkreten Hinweisen und praktischer Unterstützung mit seiner ehrlichen Meinung nicht hinter dem Berg hält.

 

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Literatur 

Becker, M. (1993), Personalentwicklung, Bad Homburg

Bower, S. (1996), Erfolgreich reden und überzeugen, Hamburg

Gaugler, E. et al. (1975), Handwörterbuch des Personalwesens, Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre, Bd. V., Stuttgart

Heyl, U. (1982), Neue Außendienstmitarbeiter suchen, beurteilen und einarbeiten, Landsberg

Jochmann, W.v. (Hrsg.) (1995), Personalberatung intern. Philosophien, Methoden und Resultate, München

Kreikebaum, H. et al. (1994), Personalberatung im europäischen Binnenmarkt, Wiesbaden

Morris, D. (1986), Körpersignale, London, München

Plüskow, H-J. (1992), Beruf (Capital-Handbuch), München

Reutler, B. (1986), Körpersprache im Bild, Wiesbaden

Thiel, E. (1986), Die Körpersprache verrät mehr als tausend Worte, Genf

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